MotivationsTankstelle – Folge 1
Moni und ihre Schwester
Ein spätnachmittägliches Licht fällt durch die großen Fenster der Motivationstankstelle. Die Theke glänzt sauber, der Duft nach frisch gebrühtem Kaffee und Zimtgebäck liegt in der Luft. Moni steht hinter der Kaffeemaschine, als die Tür aufgeht und die kleine Glocke über dem Eingang leise bimmelt.
Ihre Schwester steht in der Tür, ein wenig unsicher, aber immer noch mit dieser gewissen eleganten Ausstrahlung, die sie nie ganz ablegt. Moni hebt überrascht den Kopf.
Moni:
„Eva? Dich hätte ich jetzt wirklich nicht erwartet. Setz dich doch. Willst du einen Kaffee?“
Eva schaut sich langsam um, nimmt jedes Detail in sich auf: die roten Polstersitze, das große Schild über der Theke mit der Aufschrift „Tanke Mut, wenn du nicht mehr weiter weißt.“ Sie nickt zögerlich und setzt sich an einen kleinen Tisch am Fenster.
Eva:
„Kaffee klingt gut. Schwarz, bitte.“
Moni bringt zwei Tassen und setzt sich gegenüber. Sie nimmt sich Zeit, ihre Schwester zu mustern – dieselben Augen, dieselbe Stirnfalte, die sich immer zeigt, wenn Eva etwas nicht versteht.
Eva:
„Also … das ist also deine Tankstelle?“
Moni:
„Ja, das hier ist meine Tankstelle.“ (lacht leise) „Und nein, ich verkaufe nicht nur Benzin.“
Eva (schmunzelt):
„Das habe ich schon gemerkt. Du hast diese Beratungen, oder? Die Leute kommen zu dir und … erzählen dir ihre Sorgen? Ist das so?“
Moni:
„Ja, genau. Manchmal brauchen sie einfach jemanden, der zuhört. Manchmal suchen sie nach einem Rat, manchmal nur nach einer kleinen Pause, um durchzuatmen.“
Eva lehnt sich zurück, wirft Moni einen langen, prüfenden Blick zu.
Eva:
„Machst du das, weil du nichts mehr mit den alten Kreisen zu tun haben willst?“
Moni hält inne, schaut auf ihre Kaffeetasse, dann zurück zu Eva. Ihre Augen glitzern einen Moment, dann setzt sie ruhig und bestimmt an.
Moni:
„Nein, das ist es nicht. Es ist nur … wenn sich in allem alles ändert, aber draußen bleibt alles gleich – das passt einfach nicht mehr zusammen. Verstehst du? Ich hab irgendwann gemerkt, dass ich so nicht weitermachen kann. Alles fühlte sich so … festgefahren an. Die Gespräche, die Erwartungen, die Rollen. Als hätte ich keinen Platz mehr in meinem eigenen Leben.“
Eva runzelt die Stirn und nimmt einen Schluck Kaffee.
Eva:
„Und was willst du jetzt machen?“
Moni (lächelt):
„Ich ändere, was ich ändern kann. Mich.“
Ein Moment der Stille folgt. Evas Blick wird weicher. Sie nimmt die Worte in sich auf, während die leise Hintergrundmusik wie ein sanfter Herzschlag im Raum klingt.
Eva:
„Das hätte ich nie von dir erwartet. Weißt du, du warst immer die Starke von uns beiden, die Kämpferin. Ich dachte immer, du hast deinen Platz gefunden.“
Moni schüttelt den Kopf und lacht kurz auf, aber es ist kein fröhliches Lachen.
Moni:
„Mein Platz … tja, das dachte ich auch lange. Aber irgendwann habe ich gemerkt, dass ich nur funktioniere. Alles lief weiter, aber nichts hat sich mehr lebendig angefühlt. Die Tankstelle hier – sie gibt mir das zurück. Hier treffe ich echte Menschen, führe echte Gespräche. Hier bin ich ich selbst.“
Eva (leise):
„Und du bereust es nicht?“
Moni:
„Keinen einzigen Tag. Es ist nicht immer leicht. Manche Menschen kommen hier rein mit gebrochenen Träumen, manche bleiben nur kurz, andere erzählen mir ihre halbe Lebensgeschichte. Aber weißt du was? Es fühlt sich ehrlich an. Und ich hab das Gefühl, ich helfe ihnen – und irgendwie auch mir selbst.“
Eva blickt gedankenverloren aus dem Fenster. Die Nachmittagssonne wirft lange Schatten auf die Straße draußen.
Eva:
„Weißt du, ich bewundere dich dafür. Ich wünschte manchmal, ich hätte auch den Mut, etwas zu ändern.“
Moni beugt sich vor, legt ihre Hand auf die ihrer Schwester.
Moni:
„Es ist nie zu spät, Eva. Du kannst immer etwas ändern. Die Richtung, das Tempo – alles. Du musst nur den ersten Schritt machen.“
Eva lächelt langsam, ihre Augen glitzern leicht feucht.
Eva:
„Vielleicht komme ich öfter her … auf einen Kaffee. Und ein bisschen Mut.“
Moni (zwinkert):
„Immer. Für dich ist die Tankstelle rund um die Uhr geöffnet.“