Willkommen in der Motivationstankstelle
Ein ganz normaler Morgen in der Motivationstankstelle
Es ist 4:30 Uhr. Der Wecker klingelt. Ich blinzle, klappe langsam die Augen auf und rappele mich mühsam aus dem warmen Bett.
Noch halb im Schlaf schlurfe ich ins Bad, drehe den Wasserhahn auf und kühle mir das Gesicht.
Stück für Stück kommen mir die Bilder des letzten Tages in den Kopf. Obwohl ich meinem Mann Karl-Heinz
abends noch alles erzählt hatte, spüre ich: Diese Geschichten lassen mich nicht so schnell los.
Ich frage mich: Was wird heute passieren? Wer wird heute in die Tankstelle kommen?
Welche neuen Geschichten werde ich hören? Manche meiner Gäste kommen regelmäßig und berichten mir,
wie es bei ihnen weiterging. Andere tauchen überraschend auf und erzählen mir Dinge, die mich noch lange beschäftigen.
In der Küche duftet es bereits nach frisch gebrühtem Kaffee. Ich setze mich an den Tisch und starre noch ein wenig in die Gegend.
Alles geht traumwandlerisch seinen Gang, aber ich weiß aus jahrelanger Erfahrung:
Nach der ersten Tasse Kaffee wird das Leben langsam in mich zurückkehren.
Ich bemühe mich, ganz leise zu sein, um Karl-Heinz nicht zu wecken. Auch er hat einen langen Tag vor sich
und wird viele verschiedene Situationen meistern müssen. Still gehe ich ins Schlafzimmer und greife meine Hose u
nd die Bluse mit dem schicken roten Tankstellen-Logo. Beim Anziehen spüre ich, dass die Hose schon wieder etwas enger geworden ist.
Kein Wunder, denke ich und schimpfe innerlich mit mir:
Die leckeren Brötchen und Donuts am Abend sind einfach zu verführerisch.
Wegwerfen kommt für mich nicht in Frage.
Ein letzter Blick in den Spiegel zeigt mir eine mittelgroße Frau von 52 Jahren mit blonder Kurzhaarfrisur.
Ein bisschen müde vielleicht, aber voller Energie für den neuen Tag. Seit 25 Jahren stehe ich morgens um 4:30 Uhr
auf und verbringe den Rest des Tages in meiner geliebten Tankstelle. Die Kinder sind längst aus dem Haus.
Als sie noch klein waren, war es oft schwierig, so früh aufzustehen und sie nicht einmal zur
Schule bringen zu können. Doch ich habe diese Arbeit niemals aufgegeben. Ich wusste immer, wie wichtig meine Rolle für viele Menschen ist.
Denn meine Besucher wissen:
Hier tankt man nicht nur Benzin oder Diesel – hier kann man auch Kraft für sein Leben tanken.